Akkusativ

Der A. gehört zur grammatischen → Einheitenkategorie → Kasus und bezeichnet der Reihenfolge nach den vierten Fall deklinierbarer Wortarten. A. formen werden mit Hilfe bestimmter Flexive (→ Flexiv) markiert, die u. U. → ambig sind: Zusammenfall von Nominativ- und A. formen der Femina und Neutra im Singular sowie der A. formen aller Genera mit deren Nominativformen im Plural. Innerhalb von Sätzen weisen A. formen recht unterschiedliche Vorkommen auf, die in den Grammatiken mehr oder weniger ausführlich aufgelistet und erläutert werden. Wenn Vertreter deklinierbarer Wortarten die A. form annehmen, sind sie Element eines Syntagmas, innerhalb dessen sie gemeinsam mit einem Verb, Substantiv, Adjektiv oder einer Präposition eine syntaktische Funktion erfüllen. 

  1. Im Falle des Miteinandervorkommens einer A.form mit einem Verb oder einem Adjektiv wird diese aufgrund der Eigenschaft der → Valenz und/bzw. der → Rektion verursacht, über die beide Wortarten verfügen:

    a) Er liest die Zeitung.
    b) Er kann keinen klaren Gedanken fassen.
    c) Er nennt ihn einen Dummkopf.
    d) Sie bleibt ihm keine Antwort schuldig.

    Die Beispiele a) und b) stehen für die wesentlichste Gebrauchsweise der A.form: In der Funktion des Objektkasus befindet sich der A. als der Kasus der Ausdehnung und Richtung, der das Handlungsziel angibt, (direktes → Objekt) in Opposition zum Dativ, der die an der Handlung beteiligte Person (→ indirektes Objekt) bezeichnet. Der A. als Kasus affizierter [= Beispiel a) und effizierter [= Beispiel b)] direkter Objekte setzt transitive (zielende) Verben als satzgründendes Element voraus. c) steht für das Vorkommen der A. form als → Prädikativ, das hier aufgrund der inhaltlichen Identität mit dem ersten Akkusativ (ihn) als → Gleichsetzungsakkusativ bezeichnet wird. Der für diesen Fall der syntaktischen Funktion des A. verwendete Terminus Objektsprädikativ scheint als Synonym auch möglich zu sein, wenn der Begriff „Prädikativ“ sehr weit gefasst wird und nicht nur die Satzelemente berücksichtigt werden, die i.w.S. Eigenschaften des grammatischen Subjekts benennen, sondern sich logisch auch auf das A.objekt beziehen können. Wenn, wie im Beispiel d), ein den A. regierendes Adjektiv den nominalen Teil des Prädikats (das Prädikativ) bildet, signalisiert das A.objekt die inhaltlich-logische Abhängigkeit des A.trägers vom Adjektiv.
  2. A. formen können gemeinsam mit einem Substantiv im A. ein Syntagma bilden: Sie beglückwünschen Prof. Meier. Sie begrüßen Herrn Meier, den Tagungsleiter. Alle Konstituenten (Prof., Herr, Tagungsleiter) beziehen sich auf denselben außersprachlichen Referenten (d.i. eine Person mit dem Namen Meier) und charakterisieren sie unter verschiedenen Aspekten (Status, Geschlecht, Funktion). Diese Zusammengehörigkeit äußert sich morphologisch in der Kongruenz der Kasusform (hier: A.). Hinsichtlich ihrer syntaktischen Funktion werden diese A.formen als eine Sonderform des → Attributs, als eine → Apposition, angesehen.
  3. A.formen können schließlich innerhalb eines Syntagmas auftreten, deren → Kopf eine den A. regierende → Präposition ist: Er wendet sich an seinen Nachbarn. Sie bricht in Tränen aus. Im Unterschied zu den unter 1. bis 3. vorgestellten Gebrauchsweisen befinden sich die A.formen innerhalb einer → Präpositionalphrase in einer nur über die Präposition vermittelten Abhängigkeit (→ Präpositionalkasus). Die Präposition selbst ist Teil der Wortbedeutung eines Verbs (einwilligen in, sich aussprechen gegen), eines Substantivs (Freude auf, Ärger über) bzw. eines Adjektivs (neidisch auf, bedeutungslos für) und regiert die mit einer dieser Wortarten zu einem Syntagma verbundene(n) deklinierbare(n) Wortart(en) in den A.

Alle Vorkommen des Akkusativs lassen sich als syntaktisch abhängige und syntaktisch unabhängige Akkusative klassifizieren. Syntaktisch abhängig sind diese dann, wenn sie nicht weglassbar sind, ohne dass der Satz ungrammatisch wird: Sie gibt ihm das Buch. *Sie gibt ihm. Syntaktisch unabhängige Akkusative sind Ausdruck einer syntaktischen → Redundanz. Als → freie Ergänzung bzw. als → Angabe leisten sie einen Beitrag zur Erhöhung des Informationsgehaltes der betreffenden sprachlichen Äußerung: Den ganzen Tag hat es geregnet. Sie hatten zwei Stunden vergeblich gewartet.

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