Alltagssprache

  1. Natürliche Sprache(n) im arbeitsweltlichen und privaten Alltag, also der für Individuen und soziale Gruppen gewohnte mündliche wie schriftliche Sprachgebrauch in vertrauten, meist nicht offiziellen Kommunikationssituationen. Da der Alltag der Sprechenden in der Regel durch sich täglich wiederholende, aber sich durchaus unterscheidende verbale Tätigkeiten gekennzeichnet ist, können für unterschiedliche Personen und soziale Gruppen jeweils mehrere und andere Sprachen bzw. Subsprachen A. sein. Demnach ist es problematisch, A. mit Bezugnahme auf bestimmte sprachliche Varietäten ( Varietät) zu beschreiben oder gar mit Umgangssprache (vgl. Löffler 2010, 99f.) gleichzusetzen bzw. als restringierten Kode (vgl. Porzig 1986, 251f.; Veith 2002, 104) zu bewerten. A. schöpft vielmehr in der Regel aus einer Vielfalt sprachlicher Kompetenzen ( Kompetenz) der in alltäglichen Erfahrungsbereichen kommunizierenden sozialen Individuen. Die Fachliteratur diskutiert A. meist in Zusammenhang mit einem bestimmten Funktionalstil, der sich nach E. Riesel u .a. durch eine ungezwungene, lockere Gesamthaltung, durch Emotionalität, Konkretheit, Bildhaftigkeit, Schlichtheit und Dynamik (vgl. 1959, 446) auszeichnet und „im Gesellschaftsverkehr eine notwendige soziale Funktion aus[übt]“ (1970, 62). In dieser Tradition liegt wohl auch die propädeutische Unterscheidung von A. im Vergleich zur literarischen und wissenschaftlichen Sprache begründet.
  2. In der sprachanalytischen Philosophie lassen sich die sogenannte Philosophie der idealen Sprache (B. Russell, früher L. Wittgenstein, R. Carnap, W.V.O. Quine), die aus der A. übernommene Ausdrücke logisch zu präzisieren bestrebt ist, und die von G.E. Moore begründete und durch den späten L. Wittgenstein sowie v. a. G. Ryle und J.L. Austin entwickelte Philosophie der A. ( Ordinary Language Philosophy) unterscheiden, wobei hier unter A. oder Normalsprache eine homogene natürliche (Laut)-Sprache in ihren vielfältigen Arbeits- und Handlungsbezügen ( Sprachspiel) innerhalb von Lebensformen verstanden wird.

gesprochene Sprache, Sprache, Sprachphilosophie, Standardsprache

Lit.: Hannapel H./Melenk H., Alltagssprache. 21984. Löffler, H., Germanistische Soziolinguistik. 42010. Porzig, W., Das Wunder der Sprache. Probleme, Methoden und Ergebnisse der Sprachwissenschaft. 81986. Riesel, E., Stilistik der deutschen Sprache. 1959, 21963. Dies., Der Stil der deutschen Alltagsrede. 21970. Veith, W.H., Soziolinguistik. Ein Arbeitsbuch. 22005. Savigny, E. v., Die Philosophie der normalen Sprache. 31993. Wittgenstein, L., Philosophische Untersuchungen. 2003. KS

Letzte Änderung: 14.02.2019 - Ansprechpartner: Webmaster