Ausdruck

  1. Unspezifisch zur Bezeichnung sprachlicher Einheiten, z.B. Wort, Wortverbindung, Satz (so z.B. auch im Titel von J.R. Searles Expression and Meaning (dt. Ausdruck und Bedeutung).

  2. Die sinnlich wahrnehmbare Seite des sprachlichen Zeichens, die Eigenschaft der Mitteilung, die ihre Rezeption und Verarbeitung ermöglicht, im Ggs. zu ihrem Inhalt oder ihrer Bedeutung ( Ausdrucksseite und Inhaltsseite, Bezeichnendes, Signifikant). Hjelmslev (1953) sieht den A. unter dem Aspekt der Zeichenfunktion: „A. und Inhalt sind solidarisch sie setzen einander notwendigerweise gegenseitig voraus. Ein A. ist nur A. kraft dessen, daß er A. eines Inhalts ist, und ein Inhalt ist nur Inhalt kraft dessen, daß er Inhalt für einen Ausdruck ist.“ (1974, 53)

  3. Bei W. von Humboldt die mit Hilfe von Sprache nach außen tretende Gestalt des Gedankens. In diesem Sinne ist die Sprache für ihn „die sich ewig wiederholende Arbeit des Geistes, den articulirten Laut zum Ausdruck des Gedanken fähig zu machen“ (VII 46).

  4. Akt innerer Selbstverständigung. Für B. Croce (1905, 135) z.B. ist die Sprache „artikulierter und abgegrenzter Laut zum Zwecke des Ausdrucks“; bei E. Husserl (1901) sind Ausdrücke die bedeutsamen Zeichen: Für ihn fungieren alle Ausdrücke „in der kommunikativen Rede als Anzeichen“ für die Gedanken des Redenden, „d.h. für die sinngebenden psychischen Erlebnisse desselben, sowie für die sonstigen psychischen Erlebnisse, welche zur mitteilenden Intention gehören. Diese Funktion der sprachlichen Ausdrücke nennen wir die kundgebende Funktion“ (1901, II/1, 33). Der A. bei Husserl ist daher „der Akt, durch den der Gedanke, das denkende Subjekt, sich selbst gegenüber im Prozeß der sprachlichen Formulierung der eigenen Inhalte über die Ergebnisse seiner eigenen kognitiven Tätigkeit Rechenschaft ablegt.“ (Raggiunti 1990, 247). Nach E. Cassirer (1923) erscheinen (seelischer) Inhalt und dessen (sinnlicher) A. als „derart in eins gesetzt, daß jener nicht [...] als ein Selbständiges und Selbstgenügsames besteht, sondern daß er sich vielmehr erst in ihm und mit ihm vollendet.“ (1977, 1, 125)

  5. In K. Bühlers (1934) Zeichentheorie ( Bühlersches Organonmodell) Bezeichnung der sprecherseitigen Funktion des Sprachzeichens ( Sprachfunktionen). „Das Organon-Modell mit seinen drei weitgehend unabhängigen variablen Sinnbezügen steht vollständig, wie es ausgeführt werden muss, zum erstenmal in meiner Arbeit über den Satz (1918), der mit dem Worte beginnt: ‚Dreifach ist die Leistung der menschlichen Sprache, Kundgabe, Auslösung und Darstellung.’ Heute bevorzuge ich die Termini: A., Appell und Darstellung, weil ‚A.’ im Kreise der Sprachtheoretiker mehr und mehr die hier geforderte präzise Bedeutung gewinnt [...]“ (Bühler 1934, 28f.). 

Glossematik, bilateral, Ausdrucksfunktion der Sprache, Zeichen (2) 

Lit.: Bühler, K., Sprachtheorie. 1934. Cassirer, E., Philosophie der symbolischen Formen. 3 Bde. 1923 [71977]. Croce, B., Ästhetik als Wissenschaft des Ausdrucks und allgemeine Linguistik. 1905. Hjelmslev, L., Prolegomena zu einer Sprachtheorie. 1953 [1974]. Humboldt, W.v., Schriften zu Sprachphilosophie. Werke in fünf Bänden. Bd. III. 41972. Husserl, E., Logische Untersuchungen II/1. 1901 [61980]. Raggiunti, R., Philosophische Probleme in der Sprachtheorie Ferdinand de Saussures. 1990. Searle, J.R. Expression and Meaning. Studies in the Theory of Speech Acts. 1979. dt. Ausdruck und Bedeutung. Untersuchungen zur Sprechakttheorie. 41998. Stegmüller, W., Das ABC der modernen Logik. 1969. JV

Letzte Änderung: 14.02.2019 - Ansprechpartner: Webmaster