Axiom

Annahme oder Satz, der ohne Beweis oder Begründung eingeführt wird. Grundlegende, nicht selbst zu beweisende bzw. selbstevidente Aussage, die in Bezug auf andere grundlegende Aussagen (→ Axiom) unabhängig bzw. nicht auf diese reduzierbar oder aus diesen ableitbar sein und zu diesen nicht in Widerspruch stehen soll. Ein solches A.-system kann die Grundlage einer deduktiven Theorie sein, in der Axiome die endliche Teilmenge der Theoreme bilden, mit der alle übrigen Theoreme beweisbar sind.

Für Aristoteles und Euklid (Axiome der euklidischen Geometrie) waren Axiome einfache, intuitiv als wahr anzuerkennende Prinzipien. Die traditionelle Forderung, dass ein A. unmittelbar einsichtige (analytische) Wahrheiten enthalten müsse, gilt seit der → Axiomatisierung der Geometrie durch D. Hilbert nicht mehr. (Die Auffassung des Axioms als eines intuitiv einsichtigen bzw. eines Beweises nicht bedürfenden wahren Satzes hat sich bei der Untersuchung von Axiomen in A.-systemen nicht halten lassen, da bestimmte Sätze in je verschiedenen Systemen sowohl Axiome als auch Theoreme (aus dem A.-system ableitbare Folgerungen) sein können. Andererseits lassen sich Theorien auf verschiedene Weise axiomatisieren, d.h. durch unterschiedliche A.-systeme repräsentieren.) Damit hat sich ein neues anschauungsfreies Verständnis des Axioms insofern etabliert, als die nicht-abgeleiteten Sätze oder Axiome mit ihrer Relationsstruktur nun willkürlich bzw. zweckmäßig gesetzt und alle übrigen Begriffe oder Sätze als regelhaft abgeleitete gewonnen werden, d.h. dass „einige wenige ausgezeichnete Sätze des Wissensgebietes“ ausreichen, „um aus ihnen nach logischen Prinzipien das ganze Fachwerk aufzubauen“ (Hilbert 1918, 406). Bestimmte Begriffe oder Sätze sind dann im Rahmen eines bestimmten Systems definiert. Ein korrektes A.-system hat die Eigenschaft der Unabhängigkeit und Widerspruchsfreiheit. Andere anzustrebende Eigenschaften sind Vollständigkeit und Entscheidbarkeit. Eine solche formale Syntax wird häufig als sinnvoll angesehen, wenn es eine semantische bzw. inhaltliche (meist modelltheoretische) Interpretation gibt.
Der Aufbau von Theorien auf der Grundlage von Axiomen ist typisch für die Mathematik (z.B. Dedekind-Peano-Axiome zur Definition der natürlichen Zahlen) oder Physik (z.B. Newtons Axiome der Mechanik).
Besonders bekannt sind in der Linguist die fünf pragmatischen Axiome von Watzlawick/Beavin/Jackson: 

  • Man kann nicht nicht kommunizieren.
  • Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
  • Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung.
  • Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten.
  • ⦁ Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär. (Vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson 2011, 57ff.)

axiomatische Definition, → Axiomatisierung, → Deduktion, → Definition, → Formalisierung, → Kalkül, → Logik

Lit.: Hilbert, D., Grundlagen der Geometrie 1977 [zuerst 1899]. Ders., Axiomatisches Denken. In: Mathematische Annalen 78.1917, 405-414. Partee, B.H./ter Meulen, A./Wall, R.E., Mathematical Methods in Linguistics. 1993. Watzlawick, P./Beavin, J.H./Jackson, D.D., Menschliche Kommunikation. Formen Störungen Paradoxien. 122011. L/MW

Letzte Änderung: 17.01.2024 - Ansprechpartner: Webmaster