Ausdrucksfunktion der Sprache

Auch: Symptomfunktion. Nach Bühler (1934) eine der drei Grundfunktionen des sprachlichen Zeichens (als „konkretes Sprechergebnis“). Das komplexe Sprachzeichen ist „Symptom (Anzeichen, Indicium) kraft seiner Abhängigkeit vom Sender, dessen Innerlichkeit es ausdrückt“ (ebd., 28). „Damit ist gemeint, dass im sprachlichen Zeichen das zum Ausdruck kommt, was der Sprecher sagen will, ebenso aber der Sprecher selbst mit seiner ‚inneren‘ Einstellung zu dem, was er sagt. Was manchmal in kognitive und emotive Bedeutung getrennt wird, ist in der Ausdrucksfunktion bei Bühler durchaus beisammen.“ (Eisenberg 1994, 25) Weil, wie er schreibt, „,Ausdruck‘ im Kreise der Sprachtheoretiker mehr und mehr die hier geforderte präzise Bedeutung gewinnt“, gab Bühler seinen ursprünglichen Terminus „Kundgabe“ auf (vgl. dazu 1934, 28f.). Wie im Organonmodell dargestellt (Bühler’sches Organonmodell), bildet die A.d.S. das sprecherbezogene Komplement zu den beiden anderen Funktionen des Sprachzeichens, der Appellfunktion (in Bezug auf den Rezipienten) und der Darstellungsfunktion (im Hinblick auf die Gegenstände und Sachverhalte). Im Ggs. zur Darstellung und zum Appell kann die Ausdrucksfunktion auch unbewusst realisiert werden, z.B. durch eine zittrige Stimme oder durch Erröten (z.B. beim Lügen). R. Jakobson (zuerst 1960) verwendete für die A.d.S. die Bezeichnung „emotive Funktion“ (vgl. 1979, 89f.). Schon vor Bühler und Jakobson unterschied E. Cassirer (1927) „drei verschiedene Dimensionen der symbolischen Formung“ (ebd., 301), die zugleich drei unterschiedliche geschichtliche Ausformungen des Zeichens sind, und betrachtete die Ausdrucksfunktion (neben der „Darstellungs- und der „Bedeutungsfunktion“) als eine davon (vgl. ebd., 303ff.). Für ihn war die Sprache historisch-ursprünglich nicht unmittelbarer, sondern verobjektivierter, schon konventionalisierter Ausdruck und daher nicht einfacher Gefühlsausdruck, sondern intersubjektives Ausdrucksmittel; vom „Ausdruckssinn“ gehe die Sprachentwicklung dann weiter „zum reinen Darstellungssinn“ (ebd., 305), bevor sie schließlich in ihrer bisher letzten Epoche zur reinen (abstrakten) „Bedeutung“ werde, wie man sie etwa in mathematischen logischen Symbolsystemen findet.

Appell, Appellfunktion der Sprache, Darstellungsfunktion der Sprache, → expressiv (1), → Symptom, Signal (6)

Lit.: Bühler, K., Die Axiomatik der Sprachwissenschaften. 21976. Bühler, K., Sprachtheorie. 1934. Cassirer, E., Das Symbolproblem und seine Stellung im System der Philosophie. In: Zeitschrift für Aesthetik und allgemeine Kunstwissenschaft 21.1927, 295-312. Eisenberg, P., Grundriß der deutschen Grammatik. 31994. Eschbach, A., Bühler-Studien. 2 Bde. 1984. Jakobson, R., Linguistik und Poetik. In: Holenstein, E./Schelbert, T. (Hrsg.), Roman Jakobson Poetik. Ausgewählte Aufsätze 1921-1971. 1979, 83-121. Liedtke, F., Ausdrücken und Bedeuten. Anton Martys Sprachphilosophie im Lichte der Kritik Karl Bühlers. In: Cesalli, L./Friedrich, J. (Hrsg.), Anton Marty & Karl Bühler. Between Mind and Language. Zwischen Sprache und Denken. 2014, 43-58. Rolf, E., Symboltheorien. 2006. JV/AB

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