Akzent

  1. Mittel zur Hervorhebung von sprachlichen Elementen der mündlichen Rede (auch Betonung). So können Silben im Wort (Wortakzent) und Wörter in der Wortgruppe oder im Satz (Satzakzent) durch musikalischen (melodischen) oder dynamischen (exspiratorischen) A. betont werden. Während der musikalische A. durch die Variation der Tonhöhe entsteht, variiert beim dynamischen A. die Ausspracheintensität durch die Stärke des Atemdrucks. Neben diesen phonetischen Mitteln der Akzentuierung werden die folgenden Akzentuierungsgrade innerhalb des Wortes unterschieden: Der Hauptton ist der ‘eigentliche’ A. und kann durch den Akut (´) gekennzeichnet werden. Der Nebenton tritt bei mehrsilbigen Wörtern auf, ist abhängig vom Redezusammenhang (vgl. H. Paul 1998, 32f.) und kann durch den Gravis (`) markiert werden. Für den Schwachton [ ] gibt es keinerlei graphische Kennzeichnung (z.B. Lésebùch ). Unter diachronen und sprachvergleichenden Gesichtspunkten sind Stammsilbenakzent (etymologischer A.) und freier (springender, beweglicher oder grammatischer) A. zu unterscheiden. Während im Indogermanischen (→ Indogermanisch) prinzipiell jede Silbe entsprechend der grammatischen Form den Hauptakzent tragen konnte, weist das Germanische (→ Germanisch) seit ca. 500 v.u.Z. den Initialakzent (Anfangsakzent) auf, der Betonung der Wurzel- oder Kernsilbe bedeutet. Daher sind germanische Sprachen wie das Deutsche, das Englische oder Schwedische u.a. durch die Stammsilbenbetonung von nichtgermanischen Sprachen mit freiem A. wie z.B. dem Russischen oder dem Lateinischen geschieden. Dieses Merkmal der germanischen Sprachen wirkt sich bspw. in der seit der Festlegung des Akzents erfolgenden Abschwächung der Nebensilbenvokale und den Erscheinungen des kombinatorischen Lautwandels (→ Umlaut, → Brechung) aus. Auch die Ausbildung des für die germanische Dichtung typischen Formmerkmals → Alliteration (→ Stabreim) findet in der Akzentfestlegung seine Ursache. Im Gegensatz zu den germanischen Sprachen weist das Französische als Vertreter des Romanischen bevorzugt Endbetonung auf, was infolge zeitverschobener Entlehnung zu Aussprachedubletten im Deutschen geführt hat. Aus diesem Grunde stehen nach H. Lüdtke (1980, 677) bspw. Mótor und Motór ebenso nebeneinander wie Pástor und Pastór.
  2. Im nichtterminologischen Gebrauch: der typische Tonfall, die charakteristische Artikulationsgewohnheit und Sprachmelodie einer Sprachgemeinschaft, wie dies z.B. in Formulierungen wie mit slawischem / französischem / bairischem / Magdeburger A. deutlich wird. Fremdsprachlicher A. beruht u. a. auf Unterschieden in den Betonungsverhältnissen und Phoneminventaren in Erst- und Zweitsprache (vgl. unter 1.) sowie im Laufe des Mutterspracherwerbs automatisierten Artikulationsmechanismen, die sich störend beim Erlernen einer → Zweitsprache bemerkbar machen und eine → Zwischenlautung zur Folge haben können.

Lit.: Hall, T. A., Phonologie. Eine Einführung. 2000. Lüdtke, H., Romanische Sprachen und deutsche Gesamtsprache. In: Lexikon der Germanistischen Linguistik, hrsg. von H. P. Althaus, H. Henne und H. E. Wiegand, 1980, S 672-680. Maas, U., Phonologie. 1999. Mettke, H., Mittelhochdeutsche Grammatik. 1993, 7., unv. Aufl. Paul, H., Mittelhochdeutsche Grammatik. 1998, 24. Aufl., überarb. von P. Wiehl und S. Grosse. Schmidt, W., Geschichte der deutschen Sprache, 2000, 8., unter Leitg. von H. Langner und N. R. Wolf völlig überarb. Aufl. Szemerényi, O., Einführung in die vergleichende Sprachwissenschaft. 1980, 2. überarb. Aufl. Wandruszka, M., Die europäische Sprachengemeinschaft. 1998, 2., durchges. Aufl. UF

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