Kodierung

19.05.2016 -  

[engl. encoding, frz. encodement, russ. кодирование]

Auch: Codierung, Enkodierung.

1. In der Informationstheorie der Vorgang der „Verschlüsselung“, d.h. Zuordnung eines Signalvorrats ( Signal; Kode (1, 2)) zu anderen solchen Vorräten, mit deren Hilfe dieselben Informationen dargestellt werden können. Beim Morsen werden jeweils die Buchstaben geschriebener Sprachäußerungen ihren Pendants im Morsealphabet zugeordnet, d.h. in diese übersetzt. Ähnlich auch bei Geheimsprachen.

2. In der linguistischen Kommunikationstheorie Vorgang der Umsetzung von Vorstellungen in Sprachzeichen oder von Ausdrücken eines Zeichensystems (Kode (3)) in äquivalente Ausdrücke eines anderen zum Zwecke der Kommunikation. Unter dem Einfluss der Informationstheorie wurde der sprachliche Kommunikationsprozess lange Zeit (v.a. in den 1960er und 1970er Jahren) als eine semantische, eine syntaktische und eine phonologische Kodierungsphase durchlaufendes Übersetzen von Vorstellungen in (selber gedankliche) Sprachzeichen und von diesen in regelhaft gebildete Schallwellen konzipiert, die dann ihrerseits den Kodierungsregeln gemäß vom Hörer in umgekehrter Richtung wieder entschlüsselt (dekodiert) werden müssen (so ähnlich auch in Saussures Modell des „Kreislaufs des Sprechens“; vgl. Saussure 2001, 13ff.). Das (relativ naive) Modell von der vom Sprecher/Sender vorzunehmenden K. der zu kommunizierenden Vorstellungen durch die verschiedenen Sprachebenen (Morphologie, Syntax, Semantik, Phonologie/Phonetik) hindurch bis hin zur vom Hörer/Empfänger zu dekodierenden konkreten Oberflächenrealisierung liegt letztlich auch der Generativen Grammatik (Generative Grammatik) zugrunde. Da in der tatsächlichen sprachlichen Kommunikation viele Informationselemente kontextabhängig sind ( Kontext) und Gedachtes generell nicht eindeutig und restlos enkodiert und schon gar nicht eindeutig und restlos dekodiert werden kann, ist die vom „Enkodierungs-/Dekodierungsmodell“ nahegelegte Reibungslosigkeit der interaktiven Verständigung eine Chimäre. – Sowohl in der Informations- als auch in der Kommunikationstheorie heißt die empfängerseitige Rekonstruktion der ursprünglichen Information Dekodierung.

Lit.: Dankmeier, W., Grundkurs Codierung. Verschlüsselung, Kompression, Fehlerbeseitigung. 3., überarb. u. erw. Aufl. 2006. Funk-Kolleg Sprache. Bd. 1. 1973.Saussure, F. de, Cours de linguistique générale. 31968; http://www.clg2016.org/fileadmin/user_upload/ferdinand_de_saussure_cours_de_linguistique_generale.pdf. dt. Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft 32001. Saussure, F. de, Cours de linguistique générale. Zweisprachige Ausgabe französisch-deutsch, mit einer Einleitung, Anmerkungen und Kommentar. Hrsg. von P. Wunderli. 2013. Schulz, R.H., Codierungstheorie. Eine Einführung. 2., aktual. u. erw. Aufl. 2003AB

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