kataphorisch
[engl. cataphoric, frz. cataphorique, russ. катафорический] (griech. καταφέρειν ‘hinuntertragen’)
Seit K. Bühler (1934, 122) eine Form des textuellen Verweises, bei dem eine → Pro-Form (→ Substituens) referenzidentisch auf einen – mit ihr in textueller Beziehung stehenden – Nachfolgerausdruck vorausweist; Ggs. → anaphorisch. Eine typische vorausverweisende Pro-Form ist Folgendes. Bei der kataphorischen Referenz handelt sich um eine – stilistisch, rhetorisch oder textthematisch motivierte – Form der Umkehrung textueller Substitution, das konkret Gemeinte wird erst nachträglich explizit genannt, wie z.B. in: Sie lebt in Hamburg, sorglos, bewundert von ihren Mitschülern. Leila ist hübsch, ehrgeizig, talentiert (01.05.2011; www.tagesspiegel.de), Den Menschen würde ich gern kennen lernen, der als erster den Everest bezwungen hat. Das haben wir uns schon immer gewünscht: ein Management ohne Korruption und Skandale. Dies war sein oberstes Prinzip: fremde Interessen über die eigenen zu stellen. Das vorausweisende Element, die → Katapher, hätte hier ohne den Bezug auf den entsprechenden Nachfolgerausdruck keine Bezeichnungsfunktion, wäre also referentiell ,leer‘.
→ Anapher, → Textphorik, → Textkohärenz
Lit.:Brinker, K./Cölfen, H./Pappert, St., Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. 8., neu bearb. u. erw. Aufl. 2014 (= Grundlagen der Germanistik 29). Brinker, K./Antos, G./Heinemann, W./Sager, S.F. (Hrsg.), Text- und Gesprächslinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. 1. Halbbd. 2000. Bühler, K., Sprachtheorie. 1934. Linke, A./Nussbaumer, M./Portmann, P.R., Studienbuch Linguistik. 52004 (= Reihe Germanistische Linguistik 121). JV