Palindrom

09.01.2017 -  

[engl. palindrome, frz. palindrome, russ. палиндром] (griech. παλίνδρομον‘rückwärts laufend’)

Ein sprachlicher Ausdruck bzw. eine sprachlich sinnvolle Folge von Buchstaben, Wörtern oder auch Versen, die sowohl vorwärts als auch rückwärts gelesen einen Sinn ergeben, also anazyklisch sind. Rückwärts gelesen kann dieselbe Zeichenfolge entsprechend denselben, z.B. Rotor – Rotor, Ehe – Ehe, SOS – SOS, nette Pipetten – nette Pipetten, Eibohphobie – Eibohphobie, Lagerregal – Lagerregal, oder einen anderen lesbaren Wortlaut ergeben, z.B. Emma – Amme, Esel – lese, Leben – Nebel. Wortgrenzen, Satzzeichen und Diakritika werden dabei ignoriert (vgl. Greber 2003, 484). Als längstes Wortpalindrom der Alltagssprache gilt das finnische Saippuakivikauppias (‘Seifensteinverkäufer’).

Palindrome sind nicht nur als einzelne Wörter, sondern auch als Sätze und Verse möglich. Entsprechend unterscheidet man Wort-, Satz- und Vers-Palindrome.

Als ein frühes Satz-P. kann das seit dem 1. Jh. n.Chr. als Graffito belegte und in seiner Deutung umstrittene symbolische sog. Sator-P.: SATOR AREPO TENET OPERA ROTAS (‘Der Sämann Arepo hält durch seine Arbeit die Räder’) gelten, welches auch als magisches Quadrat bekannt ist. Ein bekanntes Satz-P. aus dem deutschen Sprachraum ist Schopenhauers Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie.

Bei Vers-Palindromen werden in der Strophenmitte die einzelnen Verse des ersten Teils spiegelverkehrt wiederholt. Auch in der Musik spielt diese Form eine bedeutende Rolle, als sog. Krebs bei Fugen- und Kanonkompositionen (z.B. in J.S. Bachs Werk „Musikalisches Opfer“; BWV 1079). Literarische Formen gelingen jedoch aufgrund der Flexibilität des Satzbaus meist nur als Wort-Palindrome, da die Wiederholung und Variation des Metrums hier am leichtesten möglich ist. Zu Entstehung und Entwicklung literarischer Palindrome vgl. v.a. Greber 2003).

Neben den sprachlichen gibt es auch Zahlenpalindrome, deren Ziffern vorwärts rückwärts gelesen denselben Wert ergeben (345543).

Lit.: Greber, E., Bildwörter, Wortbilder: Palindrom und Ambigramm als minimalistische Kunstformen. In: Goller, M./Witte, G. (Hrsg.), Minimalismen. 2001. Dies., Palindrom. In: Ueding, G. (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 6: Mus - Pop. 2003, 484-488. Rexin, G., Palindrom. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Bd. 26. Stuttgart 2015. Saltveit, M., Sotades the Obscene, Inventor of the Palindrome. In: The Palindromist 1.1996, 5-7. ES

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