Sigmatik
[engl. sigmatics, frz. sigmatique, russ. сигматика]
Nach G. Klaus (1963) 4. Teildisziplin der → Semiotik (neben den bereits von Ch.W. Morris [1938] unterschiedenen → Semantik, → Syntax und → Pragmatik), die die durch die Bedeutung vermittelte Beziehung des Zeichens zu seinem Objekt untersucht und dabei vom Zeichenbenutzer abstrahiert. Im Rahmen der von Klaus vertretenen materialistischen → Widerspiegelungstheorie erscheinen dabei die vom Zeichen bezeichneten Gegenstände, Personen, Sachverhalte, Eigenschaften und Beziehungen als Objekte der → Widerspiegelung (→ Bedeutung (1), → Denotat, → Extension). Demgegenüber wird die Semantik auf die Untersuchung der Beziehungen zwischen Zeichen und gedanklichem Abbild (→ Bedeutung (2), → Sinn (1) → Intension) reduziert. War F. de Saussures (1916) Begriff der „Vorstellung“ (und damit der des „Bezeichneten“) subjektivistisch-idealistisch gedacht, so wird das „Abbild“ von der marxistischen Zeichentheorie als selber objektive Reproduktion einer als objektiv vorgestellten Realität konzipiert: „Ein Wort kann zur Bezeichnung, d.h. als Name eines Objekts, nur verwendet werden, und es wird als Bezeichnung eines Objekts nur erkannt, wenn die mit ihm verbundene Bedeutung ein Abbild des betreffenden Objekts ist. Entsprechendes gilt für Satz, Aussage und Sachverhalt.“ (Klaus 1963, 69) Weil die Beziehung des Zeichens zum Objekt nach dieser Auffassung keine semantische, sondern letztlich nur eine projektive sein kann, bot sich für Klaus die Aufspaltung der Analyse von Bedeutung und Bedeutetem in S. und Semantik als Lösung an. Im Ergebnis entsteht gleichwohl ein triadisches Zeichenmodell (→ semiotisches Dreieck), an dessen Eckpunkten das Zeichen, das Abbild und das Objekt stehen. Klaus räumt ein, dass die über das Zeichen vermittelte Relation Abbild : Objekt in den natürlichen Sprachen nicht eindeutig und wohldefiniert sein kann. Im Falle künstlicher Sprachen hingegen fallen logische Semantik und logische S. sogar zusammen. Eben weil jedoch die Beziehung des Zeichens zu seinem Objekt keine unmittelbare, sondern immer nur eine über (wie auch immer geartete) Bedeutung vermittelte sein kann, sind die meisten Semiotiker der Klausschen Unterscheidung nicht gefolgt.
Lit.: Bentele, G./Bystrina, I., Semiotik. 1978. Heinrichs, J., Die Sigmatik als vierte semiotische Dimension bei Georg Klaus – Eine kritische Würdigung. In: Zeitschrift für Semiotik 33.2011, H. 3-4, 237-254. Klaus, G., Semiotik und Erkenntnistheorie. 41973. Maser, S., Grundlagen der allgemeinen Zeichentheorie. 1971, 43-45. Morris, Ch.W., Foundations of the Theory of Signs. In: International Encyclopedia of Unified Science. Vol. I. No. 2. 1938. dt. Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik und Zeichentheorie. 1972. Morris, Ch.W., Signs, Language and Behavior. 1946. dt. Zeichen, Sprache und Verhalten. 1973. AB