Signifikation
[engl. signification, frz. signification, russ. сигнификация] (lat. significare ‘bedeuten, bezeichnen’)
1. Bei John Locke (zuerst 1688), der die Wörter als „sensible marks of ideas“ (1972, 12) bestimmt, die durch → Arbitrarität gekennzeichnete → Bedeutung bzw. Bedeutungshaftigkeit eines Sprachzeichens: „the ideas they [the words] stand for are their proper and immediate signification“ (ebd.).
2. Bei F. de Saussure der kontextuell konkretisierte → Sinn („sens“), d.h. die aktualisierte Teilbedeutung (→ lexikalische Bedeutung, → aktuelle Bedeutung, → Semem) eines Zeichens oder einer Zeichenverbindung im Ggs. zum Signifikat (→ Bezeichnetes) als der Bedeutung auf der Ebene der → Langue und zum „Wert“ („valeur“), wie er im Sprachsystem durch die jeweils semantisch benachbarten Zeichen bestimmt wird (vgl. Saussure 1968, 159 sowie Amacker 1975; Wunderli 1981, 254f.; Raggiunti 1990, 164ff.). So kann frz. mouton (‘Schaf’, ‘zubereitetes Schaffleisch’) in der → Parole dann dieselbe S. haben wie engl. sheep, wenn von Schafen als Tieren die Rede ist, nicht jedoch denselben Wert, weil der englischen Sprache neben sheep das Wort mutton zu Gebote steht, das ‘zubereitetes Schaffleisch’ bedeutet. Über Interpretation und Abgrenzung von „Signifikat“, „Wert“ und „S.“ (das in der dt. Ausgabe des Cours missverständlich mit „Bedeutung“ übersetzt wird) herrscht in der Saussure-Literatur keine Einigkeit.
3. Bei Ch.W. Morris (1964) die → Bedeutung (i.S. der → Intension) eines einfachen oder komplexen Zeichens ohne Rücksicht auf seinen Gegenstands- oder Sachverhaltsbezug, d.h. auf das → Denotat (1). In diesem Sinne definiert Morris (1973, 326) die → Semantik als denjenigen Teil der → Semiotik, der sich „mit der S. der Zeichen in allen Signifikationsmodi“ beschäftigt, wobei als Signifikationsmodi unterschieden werden: der „identifikative“, der „designative“ der „appreziative“, der „präskriptive“ und der „formative“ (ebd., 142ff.).
4. In der Semiotik U. Ecos im Unterschied zur → Kommunikation jeder Zeichenaustausch, bei dem das Signal – aufgrund der Existenz eines intersubjektiv verfügbaren Kodes (→ Kode) – beim (menschlichen) Empfänger nicht bloß unmittelbare Stimuli, sondern eine Interpretationsreaktion hervorruft. In diesem Sinne liegt S. dann vor, wenn „– auf der Basis einer zugrundeliegenden Regel – etwas der Wahrnehmung eines Empfängers Dargebotenes für etwas anderes steht“ (1987, 28), also → Bedeutung hat.
Lit.: Amacker, R., Linguistique saussurienne. 1975. Eco, U., Semiotik. Entwurf einer Theorie der Zeichen. 1987. Locke, J., An Essay Concerning Human Understanding. Vol. 2. 1972. Morris, Ch.W., Signs, Language and Behavior. 1946. dt. Zeichen, Sprache und Verhalten. 1973. Ders., Signification and Significance. 1964. Raggiunti, R., Philosophische Probleme in der Sprachtheorie Ferdinand de Saussures. 1990. Saussure, F. de, Cours de linguistique générale. 31968. dt. Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. 1967. Wunderli, P., Saussure-Studien. Exegetische und wissenschaftsgeschichtliche Untersuchungen zum Werk von F. de Saussure. 1981. AB