Grammatik-Übersetzungsmethode (GÜM)
[engl. grammar-translation method, frz. méthode/méthodologie grammaire-traduction, russ. грамматико-переводной метод (обучения иностранным языкам)]
Die G.Ü.M ist als Terminus der Fremdsprachenlehrforschung zuzuordnen und bezeichnet eine mögliche Variante für die explizite (unterrichtsgesteuerte) Vermittlung einer neben der Muttersprache (L1) weiteren natürlichen Sprache (L2). Wird Fremdsprachenunterricht betrachtet als eine Verbindung seiner beiden für das Erreichen einer hohen Fremdsprachenkompetenz wesentlichen Komponenten – dem Sprachwissen und dem Sprachkönnen –, so zeigt die Geschichte des Fremdsprachenunterrichts, dass die jeweils zu bestimmten Zeiten favorisierten Lehrkonzepte bis heute entweder dominierend wissens- oder könnensorientiert sind.
Als eine sehr stark wissensorientiert geprägte Methode des Fremdsprachenunterrichts lässt sich die G.Ü.M bereits im 18. Jahrhundert in den Lehrwerken des Altsprachlichen Unterrichts (Latein, Griechisch) nachweisen. Die Entwicklung von Fertigkeiten, literarische Texte der betreffenden antiken Kulturen zu lesen und zu verstehen, galt als Bildungsprivileg und Ausdruck einer hohen individuellen Allgemeinbildung. Das für das Übersetzen erforderliche Sprachwissen wurde vorrangig über eine systematische, deduktive Grammatiklehre erworben. Sprachbeherrschung kann in diesem Sinne mit Regelbeherrschung gleichgesetzt werden. Fremdsprachenlernen wird somit als eine „primär intellektuelle Tätigkeit angesehen.“ (Vgl. Edmondson/House 1993, 109) Das Sprachhandeln betreffend wird dem schriftsprachlichen Können gegenüber dem Hören und Sprechen eine höhere Bedeutung beigemessen.
Nach der Erweiterung des gymnasialen Fremdsprachenangebotes um Französisch in der zweiten Hälfte des 19. sowie um Englisch zu Beginn des 20. Jahrhunderts (an Realschulen waren neue Sprachen früher etabliert worden) erwies sich der Versuch, die G.Ü.M vom altsprachlichen auf den neusprachlichen Unterricht zu übertragen, als wenig praktikabel. Die bereits 1882 erschienene Streitschrift Viёtors „Der Fremdsprachenunterricht muss umkehren. Ein Beitrag zur Überbürdungsfrage“ kann als der Beginn von Bemühungen um eine Reform des Fremdsprachenunterrichts gelten. Viёtors Forderungen (Primat der gesprochenen Sprache, Grammatiklehre als Mittel zum Zweck, Einsprachigkeit des Unterrichts, Motivation als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen) sind heute wesentliche Elemente des Fremdsprachenunterrichts.
→ Fremdsprachenunterricht
Lit.:Edmondson W./House, J., Einführung in die Sprachlehrforschung. 1993. Handwerker, B., Fremde Sprache Deutsch. Grammatische Beschreibung –Erwerbsverläufe – Lehrmethodik. 1995.Hunecke, H.-W./Steinig W., Deutsch als Fremdsprache. 2013. Kniffka, G./Siebert-Ott, G., Deutsch als Zweitsprache. 2007. Roche, J., Fremdsprachenerwerb Fremdsprachendidaktik. 2005. Rösler, D., Deutsch als Fremdsprache. 2012. Viёtor, W., Der Fremdsprachenunterricht muss umkehren. Ein Beitrag zur Überbürdungsfrage. 1882. Nachgedr. in: Hüllen, W. (Hrsg.), Didaktik des Englischunterrichts. 1979. AJ