Idiotikon

29.08.2016 -  

Pl. Idiotika [engl. idioticon, frz. idioticon, russ. идиотикон, словарь диалектизмов] (griech.ἴδιοςeigen, eigentümlich’)

Verzeichnis der einer bestimmten Mundart eigenen Ausdrücke, insbesondere ein Wörterbuch, das den spezifisch dialektalen (von der standardsprachlichen Konvention abweichenden) Wortschatz einer Region dokumentiert ( Idiotismus), im Ggs. dazu umfasst das Dialektwörterbuch den Gesamtwortschatz einer Region.

Das erste gedruckte Wörterbuch, das den Titel „I.“ trug, war das 1743 veröffentlichte „Idioticon Hamburgense“ oder „Wörter-Buch zur Erklärung der eigenen, in und um Hamburg gebräuchlichen Nieder-Sächsischen Mund-Art“ von Michael Richey. Weitere bekannte Idiotika sind das „Nürnberger I.“ von Georg Andreas Will, das Ende des 18. Jahrhunderts erarbeitet wurde, und das 1800-1806 herausgegebene vierbändige „Holsteinische I.“ von Johann Friedrich Schütze.

Ein erstes schweizerisches I. wurde 1806 und 1812 von dem Pfarrer Franz Joseph Stalder als „Versuch“ veröffentlicht. Auf der Grundlage eines erweiterten Manuskripts von Stalder begannen Friedrich Staub und Ludwig Tobler ein neues Schweizerisches I. (Bd. 1 ersch. 1881), das im Titel eindeutig auf die Vorarbeiten des Pfarrers Bezug nimmt (wobei der zunehmend veraltende Begriff I. damals durchaus umstritten war). Mit inzwischen 16 sukzessive erschienenen Bänden sowie einem noch zu bearbeitenden 17. Band und über 150 000 Stichwörtern ist das Schweizerische I. das umfangreichste I. im deutschen Sprachraum. Basierend auf mundartlichen und schweizerdeutschen Quellen ab 1800, Wörterbüchern, wissenschaftlicher Literatur, belletristischer Mundartliteratur, namenkundlichen Quellen und Arbeiten sowie historischen Quellen ab dem 13. Jahrhundert, Chroniken wie literarischen Quellen, Rechtsquellen, deutschen Stadt- und Landrechten, Verwaltungsakten, religiösen Schriften, privaten Briefwechseln etc. dokumentiert es die deutsche Sprache in der Schweiz vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart (d.h. bis zur jeweiligen Bearbeitungszeit). Es dient als Arbeitsmittel für verschiedene Wissensgebiete wie Sprach-, Geschichts- und Rechtswissenschaft, Volks- und Namenkunde. Seit 2010 ist das I. auch online verfügbar.

Lit.: Bickel, H./Schmidlin, R., Ein Wörterbuch der nationalen und regionalen Varianten der deutschen Standardsprache. In: VALS-ASLA (Vereinigung für angewandte Linguistik in der Schweiz) 79, 99-122, 2004. Haas, W., Das Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Versuch über eine nationale Institution. Hrsg. von Redaktion des Schweizerdeutschen Wörterbuchs. 1981. https://www.idiotikon.ch/Texte/Literatur_Idiotikon/Haas_Woerterbuch.pdf [letzter Zugriff: [10.06.2016]. Mente, M., Ein kleiner Leitfaden zur Benutzung des Schweizerdeutschen Wörterbuchs (Idiotikon). Das Finden der Stichwörter, der Aufbau der Artikel und der Nutzen für Historiker. 2008. https://www.idiotikon.ch/Texte/Mente/Leitfaden.pdf [letzter Zugriff: 07.06.2016]. https://www.idiotikon.ch [letzter Zugriff: 15.06.2016]. HLD

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