labial

In der (artikulatorischen) → Phonetik die → Artikulationsstelle im Bereich der Lippen sowie die mit deren Beteiligung gebildeten Laute, insbesondere Konsonanten (→ Konsonant). Man unterscheidet labiodentale Laute, deren Artikulationsort die Kontaktstelle zwischen Unterlippe und den Zähnen des Oberkiefers ist: [f, v], labio-labiale (bilabiale) Laute (→ bilabial), an deren Bildung Ober- und Unterlippe beteiligt sind: [p, b, m] sowie apiko-labiale Laute, die in einigen kaukasischen Sprachen vorhanden sind, wobei der Artikulator die Zungenspitze (Apex) und die Artikulationsstelle die Oberlippe ist.

Auf Grund des Artikulationsmodus (Art und Weise, wie die Hemmstelle gebildet wird: Öffnung, Enge, partieller, totaler oder intermittierender Verschluss; → Artikulationsart) werden die Labiale weiterhin in zwei Gruppen eingeteilt: Verschlusslaute [p, b, f, v] und einen Nasallaut [m]. Bei dem → Überwindungsmodus (Art und Weise, wie ein oral oder laryngal gebildetes Hindernis überwunden wird bzw. wie der Luftstrom die Hemmung im Ansatzraum überwindet: Intensität des Luftstromes, Reibung, Sprengung, Flattern oder Behauchung) sind labiale Laute als stimmhafte bzw. stimmlose [b, m, v – p, f] sowie als explosive (Sprenglaute) [p, b], frikative (Engelaute) [f, v] und nasale [m] zu beschreiben. (Vgl. Becker 2012, 20ff.)

Für die Systematisierung der deutschen Konsonanten ist auch der artikulatorische Spannungsgrad relevant. Nach diesem Kriterium unterscheidet man zwischen Lenis-Variante (die weniger gespannten stimmhaften Konsonanten) [b, m, v] und Fortis-Variante (die stärker gespannten stimmlosen Konsonanten)[p, f].

Die dt. Labiale lassen sich wie folgt beschreiben: [b] – bilabialer, explosiver, stimmhafter (Lenis-)Verschlusslaut (Bsp.: Baum, aber, Ebbe, Gebäck, Bote, Buch, Blume, geben, Arbeit, Lob etc.);[p] – bilabialer, explosiver, stimmloser (Fortis-)Verschlusslaut (Bsp.: Papier, Puppe, Paar, Post, putzen, knapp, Oper, ob, doppelt etc.); [m] – bilabialer, stimmhafter (Lenis-)Nasallaut (Bsp.: Mutter, Blume, am, malen, Mensch, Mond, im, Sommer, Himmel, Dom etc.); [f] – labiodentaler, frikativer, stimmloser (Fortis-)Verschlusslaut (Bsp.: fallen, Feder, Fantasie, Vater etc.; [v] – labiodentaler, frikativer, stimmhafter (Lenis-)Verschlusslaut (Bsp.: Vase, Votum, Visum, Volontariat, Visite, Variante etc.).

→ Artikulation, → Fortis, → Frikativ, → Lenis, → Nasal, → Plosiv

Lit.: Altmann, H./Ziegenhain, U., Phonetik, Phonologie und Graphemik fürs Examen. ²2007, 24-27.  Becker, Th., Einführung in die Phonetik und Phonologie des Deutschen. 2012. Duden. Die Grammatik. 8., überarb. Aufl. 2009, 23f. Essen, O. von, Grundbegriffe der Phonetik. Ein Repetitorium für Sprachheilpädagogen. 1981, 30-31. Lindner, G., Grundlagen und Anwendung der Phonetik. 1981, 245-262. Linke, A./Nussbaumer, M./Portmann, P.R., Studienbuch Linguistik. 52004 (= Reihe Germanistische Linguistik 121). Ramers, K.-H./Vater, H., Einführung in die Phonologie. 1991, 14-15. Valaczkai, L., Atlas deutscher Sprachlaute. Instrumentalphonetische Untersuchung der Realisierung deutscher Phoneme als Sprechlaute. 1998, 47-127. Wängler, H.-H., Grundriss einer Phonetik des Deutschen. Mit einer allgemeinen Einführung in die Phonetik. 1967, 123-135. VA

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