Textfunktion

[engl. text function, frz. fonction de texte, russ. функциятекста]

In der → Pragmatik der im → Text mit bestimmten, in der Kommunikationsgemeinschaft konventionell geltenden Mitteln ausgedrückte kommunikative → Sinn (6) und zugleich das kommunikative Ziel des Emittenten (Autors), das vom Rezipienten des Textes erfasst werden soll (Brinker/Cölfen/Pappert 2014, 97). Im Ggs.z zum grammatisch angelegten Textbegriff (→ Textkohärenz) ordnet die Frage nach der T. den Text in die Konzeption von Sprache als Kommunikations- und Handlungselement ein. Über Signale des Autors lässt sich die T. erschließen.

Brinker/Cölfen/Pappert (2014, 99f.) beschreiben drei Indikatoren der T.:

1. Sprachliche Formen und Strukturen, mit denen der Emittent den intendierten kommunikativen Kontakt gegenüber dem Rezipienten explizit zum Ausdruck bringt.
2. Sprachliche Formen und Strukturen, mit denen der Emittent seine Einstellung zum Textinhalt ausdrückt.
3. Kontextuelle, textexterne Indikatoren (situative Einordnung, gesellschaftlicher Handlungsbereich, vorausgesetztes Hintergrundwissen usf.)

In Bezug auf den intentionalen Aspekt entspricht die T. auf Textebene der sprechakttheoretischen → Illokution auf der Ebene der einzelnen (meist als Satz formulierten) Äußerung (Austin, Searle, Wunderlich). (Vgl. Brinker/Cölfen/Pappert 2014, 15f. u. 88ff.; Linke/Nussbaumer/Portmann 2001, 275f.; Busch/Stenschke 2007, 236f.)

Illokutionstypen nach Searle Kommunikativer Zweck Textfunktion nach Brinker
Repräsentativa Wissensvermittlung und Information Informationsfunktion
Direktiva Aufforderung Appellfunktion
Expressiva Beziehungsausdruck Kontaktfunktion
Kommissiva Verpflichtung Obligationsfunktion
Deklarativa Realitätsschaffung Deklarationsfunktion

(Vgl. Busch/Stenschke 2007, 237)

Doch weder lässt sich die Gesamtbedeutung des Textes als Summe der Satzbedeutungen sehen, noch stellt die T. die Summe der Illokutionen mehrerer Sätze dar (vgl. Burkhardt 1986, 396ff.). Linke/Nussbaumer/Portmann (2001, 275) nehmen ein komplexes System von Illokutionshierarchien an, in welchem neben einer Haupt- oder Zielfunktion eines Gesamttextes mehrere einzelne Unter- und Nebenfunktionen auf Satzebene zu bestimmen sind. Es kann davon ausgegangen werden, dass einzelne Textelemente (Wörter, Sätze) im Dienste der T. stehen, sie aber nicht einzeln realisieren.

Ferner entsprechen die illokutiven Funktionen lediglich der Produktions-, nicht aber der Rezeptionsseite. Im Ggs. zur T. ist die Textwirkung nicht konventionalisiert. Entsprechend beschreibt bspw. das textfunktionale Ertragsmodell nach Adamzik (2004) den Ertrag auf Rezipienten- und Produzentenseite.

Lit.: Adamzik, K., Textlinguistik. Eine einführende Darstellung. 2004. Brinker, K./Cölfen, H./Pappert, St., Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden. 8., neu bearb. u. erw. Aufl. 2014 (= Grundlagen der Germanistik 29). Burkhardt, A., Soziale Akte, Sprechakte und Textillokutionen. A. Reinachs Rechtsphilosophie und die moderne Linguistik.1986 (= Reihe Germanistische Linguistik 69). Busch, A./Stenschke, O., Germanistische Linguistik. Eine Einführung. 2007. De Beaugrande, R.-A./Dressler, W.U., Einführung in die Textlinguistik. 1981 (= Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft 28). Linke, A./Nussbaumer, M./Portmann, P.R., Studienbuch Linguistik. 42001 (= Reihe Germanistische Linguistik 121). JW

Letzte Änderung: 01.10.2024 - Ansprechpartner: Webmaster