Zustandspassiv

20.03.2017 -  

Auch: sein-Passiv. Eine besondere Form des → Genus verbi → Passiv dar. Im Passivsatz ist das Subjekt, anders als im Aktivsatz, nicht mit dem → Agens identisch, sondern stellt im prototypischen Fall das Ziel, das Opfer oder den von einer Handlung betroffenen Gegenstand (→ Patiens) dar (vgl. Hentschel/Weydt 2013, 113). Beispiele hierfür sind: Der Brief wird gelesen oder Die Kinder werden zur Schule gefahren. Im Ggs. zum → Aktiv ist das Passiv also „täterabgewandt“ (Duden 2009, 1255). Mit dem → Vorgangspassiv und dem Z. sind im Deutschen gleich zwei Erscheinungsformen zu unterscheiden. Als Z. werden Passivbildungen bezeichnet, die mit dem Kopulaverb sein und der vom Vollverb abgeleiteten Form des Partizips Perfekt Passiv konstruiert werden (z.B. Ich bin geimpft oder Ich bin von ihr geimpft): „Die Formen des Zustandspassivs werden, was das Tempus betrifft, nach der jeweils vorliegenden Form des Hilfsverbs sein bestimmt.“ (Hentschel/Weydt 2013, 117) Dem Z. steht im Deutschen das → Vorgangspassiv (auch: werden-Passiv) gegenüber. Anders als das Vorgangspassiv beschreibt das Z. Zustände (z.B. Die Arbeiten sind erledigt). Die englische, französische und lateinische Sprache (wohl aber die italienische) kennen für Z. sowie Vorgangspassiv keine Entsprechung, da hier jeweils nur ein Passiv besteht, das in sich nicht weiter unterschieden ist. Wie das Passiv generell kann auch das Z. im Grundsatz nur von transitiven (→ transitiv), nicht von intransitiven (→ intransitiv) Verben gebildet werden. Eine Ausnahme bilden intransitive Verben, bei denen das Objekt der Handlung (→ Patiens) im Dativ steht (bspw. Ist dir damit geholfen?). (Vgl. Hentschel/Weydt 2013, 118) Der veralteten Auffassung vom Z., wonach es schlichtweg und generell auf das Vorgangspassiv zu beziehen bzw. gar von diesem abzuleiten sei, widerspricht die Forschung vehement und einheitlich. Hentschel/Weydt beispielsweise verstehen unter dem Z. eine selbstständige Passivform, die parallel zum Vorgangspassiv entstand und in sämtlichen Tempusstufen des modernen Deutsch gebildet werden kann (vgl. Hentschel/Weydt 2013, 117). Sie beziehen sich dabei auch auf Vogel (2009). Auch Eisenberg weist eine solche Rückführung des Zustandspassivs auf das Vorgangspassiv als ungerechtfertigt zurück, indem er konstatiert: „Das Zustandspassiv ist formal und semantisch eng auf das Vorgangspassiv bezogen. Seine Selbständigkeit zeigt sich aber daran, daß es manchmal eine gänzlich andere Bedeutung hat als das Vorgangspassiv und daß es Fälle gibt, wo ein Zustandspassiv, nicht aber ein Vorgangspassiv möglich ist […]. Das Zustandspassiv kann als Konstruktion verstanden werden die den Übergang zwischen dem Perfekt des Vorgangspassivs und den Kopulasätzen mit adjektivischem Prädikatsnomen markiert. [...] Sieht man das Zustandspassiv als echtes Passiv an, so sind Ausdrücke wie ist gestrichen; ist geteilt; ist blockiertals passivische Verbformen anzusehen, die ebenso wiewird gestrichen; wird geteiltund wird blockiertins Paradigma der entsprechenden Vollverben gehören.“ (Eisenberg 1994, 145)

Lit.: Duden. Die Grammatik. 8., überarb. Aufl. 2009. Eisenberg, P., Grundriß der deutschen Grammatik. 3., überarb. Aufl. 1994. Glinz, H., Die innere Form des Deutschen. Eine neue deutsche Grammatik. 6., durchges. Aufl. 1973. Hentschel, E./Weydt, H., Handbuch der deutschen Grammatik. 4., vollst. überarb. Aufl.2013.Hentschel, E./Vogel, P.M. (Hrsg.), Deutsche Morphologie. 2009. Vogel, P.M., Passiv. In: Hentschel, E./Vogel, P.M. (Hrsg.), Deutsche Morphologie. 2009, 112-144. Dies., Genus Verbi. In: Hentschel, E./Vogel, P. (Hrsg.), Deutsche Morphologie. 2009, 112-144. Leiss, E., Die Verbalkategorien des Deutschen. 1992. HBR

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