Germanistische Linguistik

Linguistik – oder auch: Sprachwissenschaft – ist die Wissenschaft von der menschlichen Sprache; Germanistische Linguistik die Wissenschaft von der deutschen Sprache. Damit fangen die Fragen auch schon an, denen sich das Fachgebiet in Forschung und Lehre widmet:

 

Womit befasst sich die Germanistische Linguistik

Das beginnt mit den ganz grundsätzlichen Fragen, die man im Bereich der Sprachtheorie findet: Was ist das eigentlich – Sprache? Was bedeutet es, dass der Mensch ein sprechendes Wesen ist? Warum – oder besser: Wozu sprechen wir überhaupt? Nur um uns etwas mitzuteilen? Würden dafür nicht schlichtere Zeichensysteme ausreichen?

Darauf aufbauend fragt die Germanistische Linguistik nach den verschiedenen Einheiten und Ebenen der deutschen Sprache: Sie besteht aus Wörtern – aber woraus bestehen Wörter? Aus Lauten? Aus Buchstaben? Warum besteht das Wort „Schwamm“ aus sieben Buchstaben, doch nur aus vier Lauten? Gibt es etwas zwischen Laut und Wort, das man beschreiben kann? Und weiter: „Antworte im ganzen Satz!“, wurden wir in der Schule ermahnt. Aber was genau ist ein Satz? Solcherart Fragen nach den sprachlichen Strukturen – wenn man so will: der Grammatik des Deutschen – sind gewissermaßen das linguistische Kerngeschäft. Dabei geht man davon aus, dass „eine Sprache immer viele Sprachen“ ist: Das Deutsche ist nicht nur das „Standarddeutsche“, das als Schulsprache vermittelt wird. Auch alle deutschen Dialekte etwa sind Varianten (oder linguistisch gesprochen: Varietäten) des Deutschen, mit denen sich das Fachgebiet befasst.

Ein ganz besonderes linguistisches Interesse gilt auch der Bedeutung sprachlicher Zeichen. Wie kommen Wörter überhaupt zu ihrer Bedeutung? Wer legt fest, was sie bedeuten? Und wenn Wörter feste Bedeutungen haben, wie wir sie in Lexika finden, wie kommt es dann, dass sich Bedeutungen verändern? Theoretische Überlegungen und empirische Analysen dazu beschäftigen die Semantik.

Das wiederum führt unmittelbar zur Frage danach, was wir eigentlich „tun“, wenn wir sprechen und schreiben, wie wir also mit Sprache handeln: Wieso können wir mit „Ich warne dich!“ jemanden warnen, aber ebenso gut mit „Das solltest du besser bleiben lassen“? Und ist „Ich rate dir, mich nicht zu provozieren!“ wirklich ein Rat oder nicht eher eine Drohung? Und warum können wir mit dem Satz „Ich beleidige dich“ niemanden beleidigen? Woher wissen wir, dass die Frage „Wie geht es dir?“ von der besten Freundin geäußert eher zu einer längeren Erzählung aus dem eigenen Leben auffordert als dieselbe Frage von einem Kollegen im Vorbeigehen auf dem Flur gestellt? Und überhaupt: Wie funktioniert eigentlich (sprachliche) Höflichkeit? Mit Problemen dieser Art befasst sich die Germanistische Linguistik im Rahmen der Pragmatik.

Nun sprechen und schreiben wir nicht in einzelnen Wörtern und Sätzen, sondern wir führen Gespräche und schreiben Texte. Auch diese alltäglichen Einheiten unserer Kommunikation werden zum Gegenstand linguistischer Untersuchung. Die Germanistische Linguistik in Magdeburg vertritt all diese Disziplinen der Linguistik und bietet den Studierenden damit die Möglichkeit, ein grundständiges Fachwissen aufzubauen.

Schwerpunkt der Germanistischen Linguistik in Magdeburg: Angewandte Linguistik

Darüber hinaus legt die germanistische Linguistik in Magdeburg einen besonderen Schwerpunkt auf die Anwendung. Tatsächlich können alle Felder unseres menschlichen Handelns, die in Gesprächen und Texten Ausdruck finden, auch zu sprachwissenschaftlichen Gegenständen werden. Es existiert kein Fall menschlicher Sprachverwendung, der die Sprachwissenschaft nicht im Rahmen einer Angewandten Linguistik interessiert:

Gleich ob es um die Analyse des Zusammenhangs von Sprache und Geschlecht geht, um die Kommunikation auf dem Sportplatz oder den Kommentar bei der Fernsehübertragung eines Spiels der Fußball-Bundesliga, um die zahllosen scheinbar belanglosen (aber bei näherem Hinsehen sehr komplexen) Alltagsgespräche, die wir tagtäglich führen. Angewandte Linguistik kümmert sich auch um das dem Laien oft schwer zugängliche „Fachchinesisch“ von Juristen und Medizinern, genauso wie um vermeintlich Anrüchiges wie gekritzelte Kurztexte auf Wänden in öffentlichen Toiletten. Sogar Erpresserschreiben und die Spuren, die sie zum Täter legen, finden hier Beachtung: Sie alle können zum Gegenstand linguistischer Analyse werden. Dabei berührt das Interesse der Sprachwissenschaft vielfach sprachdidaktische Fragen.

Und weil sich die deutsche Sprache wie alle menschlichen Sprachen permanent verändert, tritt zur Beschäftigung mit den gegenwärtigen Sprachzuständen auch die Auseinandersetzung mit der Sprachgeschichte hinzu.

Unsere besonderen Schwerpunkte

Ohne die übrigen Aspekte zu vernachlässigen, sind es aus diesem weiten Feld vor allem drei Schwerpunkte, die die Germanistische Linguistik in Magdeburg prägen:

Medienlinguistik: Sowohl in der Forschung als auch in speziellen Lehrangeboten beschäftigen wir uns mit dem Zusammenhang von Medialität und Sprache: Immer mehr wird die direkte Kommunikation „face to face“ ersetzt durch eine sprachliche (und nicht-sprachliche) Kommunikation mittels technischer Gerätschaften. Das gilt etwa für die Interaktion über digitale Medien (von der E-Mail über die WhatsApp-Nachricht und den Instagram-Post bis hin zu digitalen Konferenzen), die aus unserem privaten und beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken sind.

Ein Augenmerk liegt auch auf dem Bereich der journalistischen (Massen-)Medien. Spezielle praxisnahe Lehrangebote im Bachelor- und Masterstudiengang werden in Zusammenarbeit mit langjährigen Kooperationspartnern wie der Tageszeitung „Volksstimme“ oder dem MDR durchgeführt. Medienlinguistische Kenntnisse verbinden sich hier mit medienpraktischen Erfahrungen. Dies gehört zu den Besonderheiten des germanistischen Bildungsangebots in Magdeburg.

Polito- und Diskurslinguistik: Die Auseinandersetzung mit der Sprache von PolitikerInnen und politischer Berichterstattung ist traditionell ein wichtiges Forschungs- und Lehrgebiet in der Magdeburger Germanistik. Hier schauen wir auf die sprachlichen Strategien, mit denen im politischen Geschehen und in der Öffentlichkeit Ideen und Vorstellungen beworben werden. Eng damit verwandt ist auch die Diskurslinguistik. Hier stehen allerdings nicht die politischen Akteure im Fokus, sondern Diskurse (d.h. Themen), die in einer Gesellschaft öffentlich diskutiert werden. Hier wird die Rolle der Sprache bei der Bildung kollektiven Wissens erforscht.

Niederdeutsch: Nur an ganz wenigen Universitäten in Deutschland ist die Erforschung und Vermittlung des Niederdeutschen (landläufig: Plattdeutschen) in der Weise ein etabliertes und institutionalisiertes Arbeitsfeld wie in der Magdeburger Germanistik. Mit der „Arbeitsstelle Niederdeutsch“, die Teil unserer Abteilung ist und vom Land Sachsen-Anhalt mit dieser Aufgabe betraut wurde, begleiten wir die gebotene Pflege der Regionalsprache Niederdeutsch im Land durch Forschung und Lehre sowie durch ein regelmäßiges Angebot zu diesem Thema in allen germanistischen Studiengängen. Hier ist vor allem die sprachliche Vielfalt des Deutschen im Fokus und damit auch die Sprache, insbesondere ihre regionale Varietät, als zentraler Teil der menschlichen Identität.

Letzte Änderung: 01.10.2024 - Ansprechpartner: Webmaster