Back-channel-behavior
Auch: Rückmeldungsverhalten, Rückkoppelungsverhalten, → Rückmeldungsakt, → Hörerrückmeldung, Feedback, → Hörersignale, Hörersteuerung. Aktives Kommunikationsverhalten des Hörers im Gespräch, während ein anderer Gesprächsteilnehmer das Rederecht (→ Turn, → Gesprächsschritt) hat. Der Begriff stammt aus dem technizistischen Kommunikationsmodell von V.A. Yngve (1970), der damit – zunächst ohne spezifische Bezugnahme auf die verbale Aktivität menschlicher Kommunikationspartner – alle Arten von rückmeldenden Signalen bezeichnet. Das B.-c.-b. stellt eine besondere Form der Gesprächssteuerung durch den Hörer dar, der sich dazu verbaler, paraverbaler, anderer vokalischer und nonverbaler Signale bedient:
(a) verbale: Rückmeldungspartikeln wie hm-m oder ja-a (→ Rückmeldungspartikel, → Gesprächswort) und andere Rückmeldungssignale wie z.B. verstehe, wirklich?, ist nicht wahr! (→ Rückmeldungssignal;
(b) paraverbale: → Intonation, → Akzentuierung, Lautstärke (usw.) der verbalen Signale;
(c) andere vokalische: (auffälliges) Räuspern, Husten, Lachen, Brummen o.ä.;
(d) nonverbale: mimische Signale aller Art wie Blickführung, Stirnrunzeln, Mienenspiel, Kopfbewegungen, insbesondere Nicken oder Kopfschütteln;
(e) gestische: v.a. manuelle Zeichen, Körperbewegungen und -haltungen.
Der Hörer gleicht fortlaufend „[...] das Verstandene mit seinem Wissensstand ab und modifiziert diesen entsprechend. [...] Die Involviertheit des Hörers manifestiert sich also in den beiden Haupthandlungen des Verstehens und der Verstehenskundgabe. Beide definieren seinen Teilnehmerstatus als Hörer. [...] Das Verstandene manifestiert sich im Rückmeldeverhalten des Hörers.“ (Bublitz 2001, 1331)
B.-c.-b. sind alle sprachlichen und nicht-sprachlichen Zeichen, die gesprächsstützend aus der Gesprächsrolle des Hörers geäußert werden, d.h. ohne dass ein → Sprecher-Hörer-Rollenwechsel angestrebt wird. Die Signale des B.-c.-b. bilden Gesprächsakte (→ Gesprächsakt), die nicht als Turn zu klassifizieren und auch nicht als → Turn-taking, d.h. → Gesprächsschrittbeanspruchung zu interpretieren sind. Vielmehr handelt es sich um außerhalb des eigentlichen Gesprächsschritts liegende Signale des Hörers, die vor allem Reaktionen auf aufmerksamkeitssichernde und bestätigungsheischende Aktivitäten des Sprechers darstellen. Gleichwohl sind sie wesentliche Handlungselemente eines natürlichen Gesprächs, da sie nicht nur kontakterhaltende Funktionen haben und der Äußerung zustimmender oder ablehnender Einstellungen dienen, sondern auch für die Stabilisierung bzw. Strukturierung des Gesprächs und seine thematische Steuerung von entscheidender Bedeutung sind.
Unter den Hörersignalen in einem natürlichen Gespräch lassen sich (nach Henne/Rehbock 2001) drei Grundtypen unterscheiden:
(1) Kontaktsignale,
(2) Signale zur Einstellungsbekundung,
(3) Signale zur Gesprächsschrittbeanspruchung.
Die Hörersignale unter (3) gehen damit über das B.-c.-b. im Sinne rein reaktiver Zeichen hinaus, da sie aktiv und initiierend in das verbale Geschehen eingreifen. Nach Duncan (1972; 1974) lassen sich (am Beispiel des Englischen) fünf Gruppen von B.-c.-b. im Gespräch unterscheiden: (1) mhm, right, yes, exactly, I see etc. (also Rückmeldungssignale, von denen die meisten Rückmeldungspartikeln sind);(2) ‚sentence completions’, (3) ‚request for clarification’; (4) ‚brief restatement’; (5) „head nods and shakes” (nach Henne/Rehbock 2001, 21).
→ Face-to-face-Kommunikation, → Gespräch, → Gesprächsanalyse, → Gesprächswort, → Kommunikation, → Interaktion
Lit.: Brinker, K./Sager, S.F., Linguistische Gesprächsanalyse. Eine Einführung. 4., durchges. u. erg. Aufl. 2006. Bublitz, W., Gesprächskonstitution III: Prozeduren. In: Brinker, K./Antos, G./Heinemann, W./Sager, S.F. (Hrsg.), Text- und Gesprächslinguistik. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. 2. Halbbd. 2001, 1331-1340. Duncan, S. jr., Some Signals and rules for taking speaking turns in conversation. In: Journal of Personality and Social Psychology 23.1972, 283-292. Ders., On the structure of speaker-auditor-interaction during speaking turns. In: Language in Society 3.1974, 161-180. Ehlich, K., Formen und Funktionen von ‚Hm’. Eine phonologisch-pragmatische Analyse. In: Weydt, H. (Hrsg.), Die Partikeln der deutschen Sprache. 1979, 503-517. Ders., Interjektionen. 1986. Henne, H., Die Rolle des Hörers im Gespräch. In: Rosengren, I. (Hrsg.), Sprache und Pragmatik. Lunder Symposium 1978. 1979, 122-134. Wieder abgedruckt in: Henne, H., Reichtum der Sprache. Studien zur Germanistik und Linguistik. 2006, 270-282. Henne, H./Rehbock, H., Einführung in die Gesprächsanalyse. 42001. Maynard, S.K., On back-channel behavior in Japanese and English. In: Linguistics 24.1986, 1079-1108. Rehbein, J., Sprechhandlungsaugmente. Zur Organisation der Hörersteuerung. In: Weydt, H. (Hrsg.), Die Partikeln der deutschen Sprache. 1979, 58-74. Yngve, V.A., On getting a word in edgewise. In: Papers from the 6th Regional Meeting of the Chicago Linguistic Society. 1970, 567-578. JV