Helvetismus

Die spezifischen Varianten des Hoch- oder Schriftdeutschen in der Schweiz. Dabei handelt es sich nicht um Dialektwörter (→ Dialekt), sondern um im Lauf der Sprachgeschichte herausgebildete anerkannte Besonderheiten des Schweizerhochdeutschen, die als regionale und nationale Ausprägung des Hochdeutschen gelten (analog dazu z.B. → Teutonismus, → Austriazismus). Helvetismen existieren auf allen Ebenen der Sprache: in der Aussprache (Aussprache wie Schrift z.B. [e:vik] anstatt [e:viç]), Schreibung (z.B. fehlendes ß in Grosskind für Enkelkind), → Flexion (abweichende Pluralbildungen z.B. Departmente statt Departments, Gurten statt die Gurte), im Wortschatz (eigenes Vokabular wie z.B. Morgenessen für Frühstück, Occasion für Gebrauchtwagen), in der Sprachverwendung (unterschiedliche Redewendungen, z.B. die Faust im Sack machen anstatt die Faust in der Tasche ballen). Lingg (vgl. 2006, 36) nennt zwei Entstehungsmöglichkeiten für Helvetismen: durch Entlehnungen aus dem Französischen und durch die Übertragung dialektaler Spracheigentümlichkeiten auf die Standardsprache. Helvetismen lassen sich je nach Verwendungsgrad in spezifische und unspezifische klassifizieren. Ein spezifischer H. wird lediglich in der Schweiz verwendet (z.B. grillieren statt grillen, Nachtessen statt Abendessen, Hag statt Zaun, Rechaudkerze statt Teelicht, Kontrollschild statt Nummernschild). Unspezifische Helvetismen sind hingegen auch außerhalb der Schweiz, neben alternativen Varianten in Verwendung (z.B. in Österreich oder Süddeutschland), jedoch nicht im gesamten deutschsprachigen Sprachgebiet gebräuchlich (z.B. Hahnenwasser für Leitungswasser, Nastuch für Taschentuch, Plafond für Zimmerdecke, Spital für Krankenhaus). U. Ammon verweist auf die Existenz von aus der Schweiz stammenden Ausdrücken, die jetzt im gesamten deutschen Sprachgebiet üblich sind, ohne dass dort alternative Varianten existierten (z.B. Rösti). In solchen Fällen handele es sich nicht um Helvetismen, sondern um inzwischen gesamtdeutsch gewordene Ausdrücke (vgl. Ammon 1995, 111).

Lit.: Ammon, U., Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 1995. Duden: Schweizerhochdeutsch: Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz: das Problem der nationalen Varietäten. 1995. Lingg, A.-J., Kriterien zur Unterscheidung von Austriazismen, Helvetismen und Teutonismen. In: Dürscheid, C./Businger, M., Schweizer Standarddeutsch. Beiträge zur Varietätenlinguistik. 2006, 23-48. Meyer, K., Die lexikalische Situation des Standarddeutschen in der Schweiz. In: Cruse, A./Hundsnurscher, F./Job, M./Lutzeier, P.R. (Hgg.), Lexikologie. Ein internationales Handbuch zur Natur und Struktur von Wörtern und Wortschätzen. 2. Halbbd. 2005, 1189-1195. Schweizerische Bundeskanzlei: Schreibweisungen. Weisungen der Bundeskanzlei zur Schreibung und zu Formulierungen in den deutschsprachigen amtlichen Texten des Bundes. 2., aktualis. Aufl. 2013. Online abrufbar: https://www.bk.admin.ch/bk/de/home/dokumentation/sprachen/hilfsmittel-textredaktion/schreibweisungen.html (letzter Zugriff: 26.01.2018). UHÄ

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